„Wie war denn die Ernte 2018?“
Keine Frage hört ein Winzer im Moment am häufigsten im Gespräch mit seinen Kunden. Und ehrlich gesagt, zählt diese Frage zu den schönsten, die man im Moment stellen kann! Es kann durchaus passieren, dass die Antwort überschwänglich und höchst euphorisch ausfällt.
Mein Vater sprach bei solch selten guten Jahrgängen vom „Wunder der Natur“. Und diese Aussage trifft es am besten. Denn die europaweiten Statements und Pressemitteilungen zum hervorragenden 2018er Jahrgang klingen wie selbstverständlich, fast schon überheblich. Natürlich hört man gute Nachrichten am liebsten. Ebenso machen die Beurteilungen Lust und Freude auf die neuen Füllungen, die es ab April nächsten Jahres geben wird.
Man sollte aber auch Demut zeigen und immer erwähnen, dass es nicht selbstverständlich ist, den Keller „voll“ zu haben und Mostgewichte zu messen, die es ansonsten nur gegen Ende eines Herbstes und nach teils übertrieben aufwendigen Selektionen gibt. Es hat 15 Jahre gedauert, bis es einen solch großen Herbst gab. 15 Ernten, die nicht immer optimal gelaufen sind. 15 Jahre hoffen und bangen, ob das Wetter mitspielt, Unwetterkatastrophen ausbleiben und nicht zu vergessen, den körperlichen Einsatz der Winzerinnen und Winzer um am Ende für die Mühen belohnt zu werden.
Und dies trifft auch für den am Ende grandiosen Jahrgang 2018 zu. Jeder wird sich noch lange an den „Sommer 2018“ erinnern und ihn in Zukunft als Vergleich heranziehen, falls es mal einen verregneten Juli oder viel zu kühlen August geben wird. Die Bedingungen 2018 waren äußerst extrem für die Natur und den Menschen. Die Auswirkungen der Trockenheit haben die Landwirte schmerzlich erfahren müssen. Auch das Niedrigwasser im Rhein wird ein historisches Ereignis bleiben.
Nun aber das zu erwartende positive Fazit zum neuen Jahrgang: Es war ein Balanceakt, eine Gradwanderung zwischen Totalausfall und Rekordjahr. Mit wenigen Schicksalsschlägen (z.B. Hagel in Rheinhessen, Sinnflutregenfällen im Saarland) können alle Regionen von einem perfekten Jahrgangsverlauf und einer Ernte in höchster Qualität an Reife sowie maximal möglicher Erntemenge sprechen. Ein „Glücksjahr“ und eine absolute Belohnung für alle Winzer. Eine sehr frühe und rasche Blüte bei der bereits Ende Mai die Grundlagen für einen guten Jahrgang gegeben waren. Trockenstress, den vor allem alte Reben bestens weggesteckt haben. Aber immer wieder kleine Regenmengen, die zur richtigen Zeit kamen. Und in der für die Ernte wichtigsten Phase kamen kühle Nächte, die zur Reife beigetragen haben. Die Lese 2018 war übrigens die wärmste und früheste in der Weinbaugeschichte. Selten sieht man Erntehelfer mit T-Shirt bei der Weinlese an der Mosel!
Wie die Weine des Jahrgangs letztendlich schmecken werden, kann man noch nicht beurteilen. Aber es ist davon auszugehen, dass es fruchtige Weine (Dank der Reife), sicher nicht leichte Tropfen (Dank der hohen Mostgewichte) und sehr wahrscheinlich säurearme Weine (hohe ph-Werte + durch die Sonne verdampfte Äpfelsäure) werden.
Es liegt selbstverständlich an der Philosophie des Winzers, seinem Können und handwerklichem Geschick bei der Kellerarbeit, wie er die 2018er Weine ausbaut und den Jahrgang „interpretiert“ und nächstes Jahr repräsentiert. Es bleibt also noch hochspannend wie der Jahrhundertjahrgang in der finalen Flaschenversion schmeckt.
Ich möchte abschließend dringend dazu raten, den Keller frei zu machen für einen historischen Weinjahrgang!! Nehmen Sie sich nächstes Jahr auf jeden Fall Zeit für Weinreisen und Weinproben. Lernen Sie einen außergewöhnlichen Jahrgang kennen und denken Sie daran, dass solche Erlebnisse lediglich ein seltenes „Wunder der Natur“ sind!
Prosit und eine gute Zeit im Weingeleit!